Sauberkeitserziehung

 

Die Fähigkeit sauber und trocken zu werden, beinhaltet unbewusste Körpervorgänge und Körpergefühle bewusst werden zu lassen. Bei der Frage, wie und vor allem wann ein Kind sauber werden kann und sollte, sind nach wie vor Generationsunterschiede festzustellen. Wissenschaftlich gesehen, bestimmen Kinder selbst den richtigen Zeitpunkt dafür. Immer noch häufig wird die „Sauberkeit“ der Kinder als Maßstab für eine gute Erziehung verwendet. Eine fähige Mutter bringt ihr Kind spätestens ab sieben Monaten auf den Topf, oder die Frage, ob denn das Windelproblem immer noch nicht gelöst ist (bei den eigenen Kindern brauchte man ab 18 Monaten keine mehr…..) treiben noch viele Mütter / Eltern zur Verzweiflung. Dieser Gesellschaftsdruck überträgt sich zwangsläufig von Eltern auf Kind. Druck macht Stress und Stress behindert, macht unsicher und hemmt die Wahrnehmung für den eigenen Körper. Ohne sensible Wahrnehmung und Zuordnung von Körpergefühlen und Vorgängen im Körper, wird ein Kleinkind sich schwerer tun, windelfrei die Welt zu erobern.

ÄRZTE und FACHLEUTE

ÄRZTE und Fachleute raten immer häufiger und sichtbarer (Plakate in der Ordi, Infobroschüren…) nicht vor dem 26 Lebensmonat mit der Sauberkeitserziehung zu beginnen, da Rückschläge durch zu frühes Toilettentraining sehr oft beobachtet werden und die Phase des Sauberwerdens dann umso länger dauert.

Etwa ab dem 27. Lebensmonat hat ein Kind die Fähigkeit Blasen und Darmmuskulatur zu beherrschen erreicht. Circa zwei Drittel aller Knirpse sind mit zweieinhalb Jahren überwiegend trocken. Mädchen in der Regel etwas früher als Buben. Der Großteil der Kleinen genießt mit 33 Monaten die Tage ohne Windelpack. Nur in der Nacht brauchen die Meisten noch eine Unterstützung. Ob sich der Aufwand den viele Eltern betreiben, aufstehen und herausnehmen der Kinder lohnt ist fraglich.

Es liegt im Normbereich, wenn Kinder bis zum Alter von fünf Jahren nachts einnässen. Von Erziehungsmaßnamen wie ab 17.00 nichts mehr trinken und „Einnässergeschichten“ ist abzuraten.

WIE ERKENNE ICH DEN „RICHTIGEN“ ZEITPUNKT

WIE ERKENNE ICH DEN „RICHTIGEN“ ZEITPUNKT für`s trocken werden? 

Wenn man den richtigen Zeitpunkt erwischt, klappt das Toilettentraining ohne Druck – drängen ist nicht notwendig. Kinder senden Signale aus. Unsere Aufgabe ist es, sie zu erkennen und zu deuten.

Einige Beispiele: Sie werden auf die Toilette begleitet und interessiert beobachtet, eventuell werden Fragen gestellt. Erwachsene tun gut daran, ihre Kinder einzubinden und ihnen so einen natürlichen Umgang mit der Thematik zu ermöglichen.  Auch ältere Geschwister oder die Freunde in der Kinderkrippe können ideale Begleiter auf dem Weg in die neue Selbständigkeit sein.

Die Weigerung eine neue Windel zu tragen sollte man ernst nehmen und akzeptieren.

Wenn ein Kind sein Spiel unterbricht und sich eventuell versteckt um sein „Geschäft“ zu erledigen, heißt das, dass es die Zeichen seines Körpers versteht und darauf reagiert.

WIE KÖNNEN ERWACHSENE IHRE KINDER UNTERSTÜTZEN?

Kleider und Hosen mit Gürtel behindern beim Selbständigwerden. Wenn ein Kind für jeden Topf oder Toilettengang Hilfe in Anspruch nehmen muss, wird es ärgerlich. Außerdem ist die Gefahr groß, dass in der Eile das Entkleiden zu lange dauert und alles in die Hose geht.

Ob Toilettensitz oder Topf ist egal. Das Kleine sollte wählen dürfen. Auf jeden Fall sollte der Sitz sicher sein und nicht wackeln.

Die warme Jahreszeit bietet sich als idealer Zeitpunkt an – wenig Kleidung, Erkältungsgefahr gering.

Falls etwas daneben geht bitte nicht schimpfen. Oft vergessen die Kinder einfach, dass sie schon „sauber“ sind. Ständiges nachfragen ist zu vermeiden. Meist machen die Kinder von selbst aufmerksam. Lob spornt an und motiviert.

Seit vielen Jahren arbeite ich in Kindergärten und in einer Kinderkrippe. Mir war bis zu dem Seminar „Sauberkeitserziehung“ nicht bewusst, wie wichtig dieser Teilbereich in unserer Arbeit mit den Kindern ist – sie gehörte einfach dazu.

WIE KÖNNEN ERWACHSENE IHRE KINDER UNTERSTÜTZEN?

Ich habe dieses Seminar und das Seminar von Frau Dr. Peinsipp zum Anlass genommen, in meiner Einrichtung ganz gezielt an dieses sensible Thema heranzugehen. Der erste Schritt, war ein Elternabend, gleich zu Beginn des Jahres. Dort wurden die Anwesenden mit den Theorien vertraut gemacht.

Einer der wichtigsten Punkte war, den gegenseitigen Druck und auch den „Protzereien“ in der Garderobe den Wind aus den Segeln zu nehmen. Wir stellten klipp und klar fest, dass der Wettbewerb um eine volle Windel mehr oder weniger nicht dafür steht, dass wir Erwachsenen alle „sauber“ sind war klar, wenn auch nicht selbstverständlich.

Wir vereinbarten gemeinsam, wie unsere Kommunikation stattfinden sollte. Gegenseitige Informationen und Verlässlichkeit.

Als nächstes gestalteten wir unsere „Klozone“ neu. Mit bunten Bildern und nicht ganz abgeschirmt. Die Kinder können wählen ob Wc, Toilettensitz, Mäuseclo oder darf es vielleicht das Elefantenclo sein. Es erstaunt mich, wie konsequent die Kinder ihre Entscheidung tragen.

Seit diesen Änderungen ist der Wasch und Toilettenraum ein richtiges Kommunikationszentrum geworden.

Beim Wickeln nehmen wir uns jetzt viel mehr Zeit. Wir verbinden diese Tätigkeit mit Liebkosungen und Gesprächen – je nachdem.

Für die Kleinen haben wir Bilderbücher gekauft. Damit dieses spannende Thema auch von außen betrachtet werden kann.

Wir sind bemüht, auf Kinder und Eltern einzugehen. Das Wichtigste aber ist, den Druck zu mindern, der immer noch ausgeübt wird – von Außen auf die Erzieher und auf unsere Kinder.